Was ist Schattenarbeit? Was ist ihre Methode und was ist ihre Magie? Ganz schlicht erstmal: Schattenarbeit ist die Arbeit mit den eigenen Schatten. Wichtig ist dabei, dass wir „mit“ und nicht „an“ oder gar „zur Beseitigung von“ Schatten arbeiten. Die Schatten werden in die Prozessarbeit integriert, sie dürfen sich zeigen, sie dürfen sich verstecken, man folgt ihnen oder geht auf sie zu, man macht ihnen Angebote, hört ihnen zu und spricht zu ihnen.
Doch was sind diese Schatten? Der Begriff des Schattens geht auf C.G. Jung zurück. Er versteht darunter Persönlichkeitsanteile, die wir als negativ beurteilen und daher vor uns selbst verstecken. Damit gehören sie zu unserem Unbewußten1. Für mich etwa liegt oft meine Wut, mein Gefühl unfair behandelt zu werden im Schatten. Ich habe in der Vergangenheit gelernt, dass dies kein guter Teil von mir ist und daher nehme ich oft nur ein „ungutes Gefühl“ wahr. Einen unmittelbaren Zugang zu diesem Gefühl der Wut habe ich aber nicht. Die Schattenarbeit ermöglicht mir, zunehmend Zugang zu diesem Anteil von mir zu bekommen. Andere Menschen verdrängen Gefühle von Angst oder Trauer oder sogar Freude, verdrängen Lust, Körperlichkeit, Rationalität, Egoismus, ihre Fähigkeit zu wachsen, ihre Träume und Wünsche.
Cliff Barry und andere haben Ende der 80er Jahre eine Methode (Shadow Work®) entwickelt, mit diesen unbewussten Anteilen zu arbeiten. Den Rahmen für diese Arbeit bilden Gruppensitzungen mit bis zu 10 Teilnehmern, die von zwei zertifizierten Leitern begleitet werden. Kern der Gruppensitzungen sind Einzelprozesse, in denen ein Teilnehmer bzw. eine Teilnehmerin begleitet von den beiden Leitern mit ihren Schatten arbeitet (im Folgenden sprechen wir unabhängig vom Geschlecht vom Teilnehmer).
Diese Einzelprozesse bestehen aus drei Phasen:
- Der Hauptwunsch des Teilnehmers und dessen Gegenspieler, der Widerstand, werden im Gespräch herausgearbeitet.
- Die inneren Aufteile werden aufgestellt, um ein klares Bild zu bekommen, durch welche innere Dynamik der eigene Wunsch daran gehindert wird ins Leben zu treten.
- Schließlich kommt der Teilnehmer ins Handeln und kann im gesicherten rituellen Rahmen der Schattenarbeit mit diesem Schatten arbeiten. Er kann einen Anteil unterstützen, einem Anteil Grenzen aufzeigen, die Energie eines Anteils für sich nutzen oder Abschied von einem Anteil nehmen.
Dabei unterscheidet sich die Schattenarbeit von anderen Formen der Aufstellungsarbeit. So halten sich die aufgestellten Personen genau an die Anweisungen des Teilnehmers und wiederholen wörtlich die Botschaften, die ihnen der Teilnehmer gibt. Dies unterscheidet sich von der in Deutschland bekannten Aufstellungsarbeit nach Hellinger, in der die aufgestellten Personen eigenen Impulse in den Prozess geben.
Für mich ist dabei wichtig: während des gesamten Prozesses achten wir auf die Schatten im Teilnehmer, aber auch in uns als Begleiter. Der Schlüssel zur Veränderung liegt oftmals weniger in dem Inhalt des Prozesses, als in der Art wie der Prozess vom Teilnehmer und den Begleitern angegangen wird. Manchmal zeigt sich plötzlich ein Ärger, eine Angst, eine Trauer oder eine Idee in einer der beteiligten Personen, die erstmal eher störend zu sein scheint: der Prozess stockt, er dreht sich im Kreis, er wird verwirrend … Das Unbewußte arbeitet eben mit! Hier nimmt der Prozess dann oft eine überraschende Wendung und jenseits vorgefertigter Ideen und Prozesse tritt etwas tatsächlich Neues aus dem Schatten. Das ist dann die Magie der Schattenarbeit, die mich immer wieder für sie begeistert. Wir sprechen dann auch von unserem inneren Gold, dass hier aus dem Schatten hervortritt und das wir für uns und unser Leben nutzen können.
Siehe auch dieses Gespräch über Schattenarbeit von mir mit Annette Kaiser, Nicole Gertz und Marlon Melzer auf YouTube: